Die Content-Strategien und Technologien führender Marken für 2024?

Digitale Inhalte: Der Stand der Dinge

Brancheneinblicke

Proaktive Auskunftspflicht: Das müssen Sie jetzt im Juni 2023 über § 32d UrhG wissen

von Jan Haby  |  11. Mai 2023

Lesezeit 7 Min.
Eine Person sitzt an einem Laptop; daneben Symbole für verschiedene Medien sowie ein Hinweis auf § 32d UrhG, der die proaktive Auskunftspflicht für die kommerzielle Nutzung lizenzierter Medien vorschreibt.

Die proaktive Auskunftspflicht ist aktuell ein wichtiges Thema für alle, die Werke anderer Personen nutzen – also die Betreiber von Webseiten, Online-Shops oder auch Blogs. Wenn Sie die Werke Dritter, z.B. Fotos, Videos, Grafiken usw. nutzen, sind auch Sie von der Pflicht zur unaufgeforderten Auskunft gemäß §32d UrgG betroffen.

Sie können aber beruhigt sein: Sofern Sie ein Digital Asset Management (DAM)-System zur Verwaltung Ihrer digitalen Inhalte verwenden, haben Sie bereits alle nötigen Werkzeuge, um den administrativen Aufwand zu reduzieren. Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, wie Sie mithilfe einer DAM-Lösung wie Canto einen Workflow einrichten, der Ihnen diese Pflicht sinnvoll erleichtern kann.

Proaktive Auskunftspflicht (§ 32d UrhG) – Was genau sie besagt

Die zugrundeliegende Gesetzesänderung selbst ist eigentlich nicht neu: Bereits seit dem 7. Juni 2021 verpflichtet die Neufassung des Paragraphen 32d des Urheberrechtsgesetzes jegliche Vertragspartner von Urhebern zur unaufgeforderten Auskunft über die Verwendung der von Ihnen geschaffenen Werke.

Das Gesetz findet Anwendung, wo immer die Werke anderer Personen kommerziell genutzt werden, also u.a. dort wo längere Texte, Fotos, Videos, Musik, Grafiken, Spiele oder Designs usw. Verwendung finden. Dies geschieht üblicherweise im Rahmen einer lizenzierten Nutzung, bei der der Urheber die Nutzungsrechte des Werks gegen Geld anbietet. Sollten Sie also z.B. Ihre Produkte, die Sie über Ihren Online-Shop verkaufen, von einem professionellen Fotografen passend in Szene setzen lassen, so erwerben Sie genau genommen die Nutzungsrechte am fertigen Bild.

In einer früheren Neugestaltung des Gesetzes wurde den Urhebern zunächst nur das Recht auf Information eingeräumt – erfragen mussten sie diese Daten allerdings noch immer selbst. Die neue Fassung hingegen entlastet die Urheber von diesem Schritt gänzlich. Nun ist der Lizenznehmer verpflichtet, dem Urheber mindestens einmal jährlich unaufgefordert Auskunft zu erteilen.

Warum ist der 7. Juni 2023 ein wichtiger Stichtag?

Dieser Tag markiert das Ende einer Schonfrist – denn die proaktive Auskunftspflicht gilt auch rückwirkend für Nutzungsverhältnisse, die bereits vor Inkrafttreten der Neufassung geschlossen wurden!

Ab dem 7. Juni 2022 müssen solche alten Verträge genauso behandelt werden wie Neuverträge, die nach dem Inkrafttreten der neuen Fassung, also ab Juni 2021 zustande kamen. Insofern galt für sämtliche Altverträge also eine Schonfrist, die aber nun endet.

Damit ist der 7. Juni 2023 der Tag, an dem über sämtliche lizenzierten Werke Auskunft zu erteilen ist.
Zwei Personnen vor einem Dokument, das eine Auflistung von Informationen zeigt, symbolisch für die proaktive Auskunftspflicht.

Welche Informationen müssen übermittelt werden?

Zu den Informationen, die den Urhebern mitgeteilt werden müssen, zählen laut dem Gesetzestext

  • Umfang der Werknutzung
  • die daraus gezogenen Erträge und Vorteile

Das kann bedeuten, dass man zur Mitteilung verpflichtet ist, wenn Bilder, längere Texte oder Videos als Teil einer Webseite online einsehbar sind bzw. waren und in welchen Zeiträumen. Sobald Sie die verwendeten Werke nicht länger öffentlich einsetzen, weil sie beispielsweise die Webseite ändern und stattdessen andere Medien nutzen, endet die kommerzielle Nutzung, über die Sie Auskunft erteilen müssen.

Ein Beispiel: Sie bieten in Ihrem Web-Shop einen Weihnachtsartikel für das aktuelle Jahr an, nehmen diesen aber nach Ende der Saison aus dem Sortiment und schalten die Produktseite offline. Damit gelten auch die darauf verwendeten Werke nicht länger als “in Verwendung”, sofern Sie sie nicht parallel noch auf anderen Seiten öffentlich anzeigen. Der anzugebende Nutzungszeitraum entspricht hier also der Zeitspanne, in der das konkrete Werk als Teil der Produktwebseite online abrufbar war.

Muss über sämtliche Werke Auskunft erteilt werden?

Nein. Es gibt auch Ausnahmen zur Auskunftspflicht, doch diese Fälle sind sehr überschaubar. Das Gesetz definiert Ausnahmen in Artikel 2 des Paragraphen 32d so:

  • soweit “der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat“. Weiterhin wird ausgeführt: “nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört“.
  • soweit “die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde“.

In welchen Fällen eine Ausnahme von der Auskunftspflicht tatsächlich gilt, kann im Zweifel ein Anwalt oder Rechtsberater immer besser beantworten. Dort kann man sich gleichzeitig auch über mögliche rechtliche Risiken und Konsequenzen bei Nichtbeachtung informieren lassen.

Um negativen Folgen wie Abmahnungen oder Schadensersatzklagen seitens der Urheber vorzubeugen, empfiehlt sich also, die proaktive Auskunftspflicht nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Mit ein wenig Organisation, den passenden Werkzeugen und einem soliden Zeitplan ist die Einhaltung realisierbar.

Wie groß ist der Dokumentationsaufwand für die proaktive Auskunftspflicht?

Um der Auskunftspflicht vollumfänglich und lückenlos nachzukommen, ist eine genaue Dokumentation unumgänglich. Demnach müssen Sie für jedes lizenzierte Asset jeweils Dauer, Art und Umfang der Nutzung protokollieren. Je nachdem, wie umfangreich Ihr Bestand an Assets ist, kann das einiges an Arbeit erfordern.

Was im ersten Moment aber wie ein immenser Aufwand erscheinen mag, lässt sich mit nur ein paar Schritten vereinfachen.
Die Benutzeroberfläche eines DAM-Systems zeigt ein Foto, eine Asset-Übersicht in der Medienbibliothek sowie ein Dialogfenster mit benutzerdefinierten Metadatenfeldern, die beim Filtern der Assets für die proaktive Auskunftspflicht hilfreich sind.

So kann eine DAM-Lösung Sie bei der Dokumentation unterstützen

Ein Digital Asset Management-System wie Canto ermöglicht es Ihnen, Assets mithilfe von Funktionen wie dem Genehmigungsstatus fristgerecht bereitzustellen und mit einem individuellen Ablaufdatum wieder aus dem Verkehr zu ziehen. Doch eine flexible DAM-Lösung kann noch mehr als das, wie unser Beispiel unten zeigt.

Wenn Sie das System entsprechend konfigurieren, können Sie die leistungsstarke Suchfunktion einsetzen, um mühelos aus Ihrem Bestand an Assets diejenigen herauszufiltern, über die Sie tatsächlich Auskunft erteilen müssen – und alle anderen bleiben ausgeblendet. Dazu ordnen Sie Ihren Assets zusätzliche Metadaten zu, die über die Suche gefunden werden können und mithilfe der Filter verfeinern Sie dann die Ergebnisse.

Selbst das beste Digital Rights Management (DRM) entbindet Sie noch nicht von Ihrer Auskunftspflicht laut § 32d UrhG, aber sofern Sie Ihre digitalen Assets ohnehin in Ihrem DAM-System pflegen, sind es nur ein paar Klicks mehr, die Ihnen beim jährlichen Bericht viel Zeit und Aufwand sparen können.

Konfiguration der Metadatenfelder

Das Team vom Canto Support hat sich bereits mit der praktischen Seite dieser Fragestellung auseinandergesetzt. Bereits jetzt kann jedem Asset in der Canto Medienbibliothek im Copyright-Feld ein Urheber zugeordnet werden. Dies ist Teil der DRM-Funktion von Canto.

Zur Ergänzung empfiehlt unser Support die Einrichtung und Verwendung benutzerdefinierbarer Felder, die die entsprechenden Informationen enthalten, mit denen das spätere Suchen und Herausfiltern möglich wird.

Diese neuen Felder orientieren sich in ihrer Benennung am § 32d Urheberrechtsgesetz:

  • Kommerzielle Nutzung: Dieses erste Feld ist ein logisches Ja/Nein-Feld und der erste Schlüssel zum Aussortieren sämtlicher Assets, die nicht unter die Auskunftspflicht fallen.
  • Art und Umfang der Nutzung: In diesem freien Textfeld lässt sich die konkrete Verwendung des Assets genauer beschreiben. Zur besseren Dokumentation empfiehlt es sich, ein sprachliches System z.B. immer vergleichbare Formulierungen zu nutzen, was Ihnen beim eigentlichen Bericht helfen kann.
  • Jahr der Nutzung: Das letzte Feld ist ein Mehrfachauswahl-Feld, für das im Vorfeld eine Reihe von Werten – in diesem Fall Jahreszahlen – festgelegt werden kann. Nutzen Sie dasselbe Asset in mehr als nur einem Jahr, bedarf es lediglich eines Klicks zur Aktivierung des nächsten Werts und schon ist die Dokumentation für das Asset aktualisiert.

Herausfiltern der fraglichen Assets

Nachdem Sie allen lizenzierten Assets diese neuen Metadaten zugeordnet haben, können Sie im nächsten Schritt die fraglichen Assets über die Suchfunktion lokalisieren und anhand der neuen Metadaten filtern.

  1. Beginnen Sie damit, nach allen lizenzierten Elementen zu filtern, bei denen das Feld Kommerzielle Nutzung auf “Ja” gesetzt ist.
  2. Nun können Sie die Ergebnisse nun nach dem jeweiligen Nutzungsjahr filtern, und die übrig bleibenden Assets einem eigenen temporären Album zuweisen. Führen Sie dann einen Metadaten-Export für dieses Album durch.
  3. So erhalten Sie eine übersichtliche Liste, die für jedes kommerziell genutzte Asset das Copyright sowie Art und Umfang der Nutzung ausgibt.
  4. Erstellen Sie nun anhand der Liste Ihre Benachrichtigungen an die Urheber und kommen Sie so Ihrer proaktiven Auskunftspflicht nach.

Je nachdem, wie ausführlich Sie das Textfeld zu Art/Umfang der Nutzung ausgefüllt haben, ist diese Angabe bereits Teil Ihrer Dokumentation.

Eine saubere Pflege Ihrer Assets ist natürlich die Voraussetzung, dass dieses Vorgehen auch so funktioniert, wie wir es im Beispiel beschrieben haben. Das gilt natürlich für Ihr komplettes Digital Asset Management-System: Je besser Sie Ihre Dateien pflegen, desto nützlicher wird es für Sie.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Canto Ihrem Unternehmen dabei helfen kann, Ihre digitalen Assets effizienter zu verwalten und zu nutzen? Dann vereinbaren Sie noch heute einen Termin für eine persönliche Demo.