Alles mit einem guten Gefühl: Der Leitfaden für sensorisches Branding
18. März 2021
|“Schalten Sie den Kopf aus und lassen Sie Ihren Sinnen freien Lauf.” – Fritz Perls
Ein einfacher Duft, selbst wenn wir ihn seit Jahrzehnten nicht mehr gerochen haben, kann doch tief vergrabene Erinnerungen in uns wieder wachrufen, so als würden wir einen bestimmten Moment aus der Vergangenheit noch einmal erleben.
Vergegenwärtigt man sich diese Tatsache, wird klar, wieso Marken nun verstärkt auf sensorisches Branding setzen, um mit ihren Kunden eine engere Verbindung einzugehen.
Die Wirkung von sensorischem Branding auf Kunden und Interessenten ist enorm und kann die Wahrnehmung Ihrer Marke komplett verändern. Sorgen wir also gemeinsam dafür, dass Sie es richtig angehen.
Dieser Artikel stellt Ihnen ein paar spezielle Strategien für sensorisches Branding vor, und zeigt beispielhaft anhand einiger Marken, wie diese richtig umgesetzt werden.
Was ist sensorisches Branding?
Sensorisches Branding (engl. ‘Sensory Branding’) bezeichnet Marketingaktivitäten, die darauf ausgelegt sind, durch die Einbeziehung gängiger Sinneswahrnehmungen wie Riechen, Sehen und Hören Kunden anzusprechen. Dabei handelt es sich um eine Form des Neuromarketings, die den Kunden auf einer emotionalen Ebene anspricht und Branding-Elemente an seine Erinnerungen koppelt.
Ohne einen detaillierten Plan kann sensorisches Branding leicht misslingen. Die folgenden Strategien sollen Ihnen eine Orientierungshilfe sein.
Wesentliche Strategien für sensorisches Branding
Sie wissen sicherlich, dass es mehr als nur fünf menschliche Sinne gibt. Zwar gibt es die elementaren Sinnesarten, doch Sie sollten Ihre Branding-Aktivitäten nicht nur darauf beschränken. Beispielsweise kann eine Marke auch das Temperaturempfinden ansprechen, beispielsweise durch die Steuerung des Raumklimas im Laden. Dadurch fühlt sich ein Kunde wohlig warm oder erfrischend kühl – je nachdem, was der Marke besser entspricht.
Angesichts dessen dürfen Sie aber trotzdem nicht die grundlegenden Sinne vernachlässigen, sofern das möglich ist. Halten Sie sich an diese speziellen Strategien, damit Sie bei jeder sensorischen Aktivität erfolgreich sein können, die Sie sich vornehmen.
Heben Sie sich optisch ab
Wer schon einmal eine Sternschnuppe gesehen hat, dürfte von ihrem Anblick wahrscheinlich beeindruckt gewesen sein. Immerhin ist das ein ziemlich seltenes Ereignis, und es fällt am Himmel deutlich auf. Nun stellen Sie sich aber einmal vor, der Himmel wäre zu jeder Tageszeit voller Sternschnuppen, die zu Tausenden durch Ihr Sichtfeld huschen. Vermutlich würden Sie einen bestimmten Stern nicht mehr bemerken und seine individuelle Schönheit zu schätzen wissen.
Für das Branding ist dieser Vergleich mit den Sternschnuppen äußerst treffend, denn die meisten Marken sprechen die Kunden visuell an. Also wollen Sie keinesfalls zu viel Zeit und Ressourcen in die Entwicklung einer Werbeanzeige investieren, die dann in der Masse untergeht.
Sich visuell abzuheben, ist also ein Muss. Mit dem Status Quo werden Sie bei Ihrem Publikum keine besondere Resonanz erzielen. Zuweilen hebt man sich am besten durch minimale und zurückhaltende Elemente ab, anstatt mit lauten und aufdringlichen Aktionen. Viele auffällige visuelle Elemente wie Farben können herausstechen – allerdings nicht, wenn die gesamte Community es auf diese Weise versucht.
Untersuchen Sie Ihre spezifische Branche und Ihr Werbeumfeld und entscheiden Sie dann, wie Sie Ihr visuelles Branding optimal gestalten, um sich von allen anderen abzuheben.
Konzentrieren Sie sich auf den veränderlichen Charakter von Klang
Den jüngsten Werbetrends nach zu urteilen, scheint Klang der neue aufstrebende Faktor beim sensorischen Branding zu sein. Wer vor ein paar Jahren den Super Bowl gesehen hat, dürfte einen vergleichsweise leisen Werbespot bemerkt haben, der mittels ASMR die Sinne der Zuschauer fesseln wollte. Dadurch rückte das Thema auch noch einige Zeit nach der Ausstrahlung in den Blickpunkt.
Wiederkehrende Klänge, wie z. B. Jingles, eignen sich gut, um Ihre Marke im Gedächtnis der Kunden zu verankern und emotionale Verbindungen zu erzeugen. Außerdem können sich Marken über die Einbeziehung des Gehörs von einer potenziell überfüllten visuellen Werbeszene abheben.
Um andere über Klänge tatsächlich in den Bann zu ziehen, müssen Sie berücksichtigen, wie Klänge auf Menschen wirken, und dann Ihr Branding so anpassen, dass es diese Wirkung entfaltet. So reagieren die meisten Menschen auf leise Geräusche anders als auf laute, oder auf das Kratzen von Nägeln auf einer Schultafel anders als auf ein Flüstern. Finden Sie eine ausgewogene Kombination, die Ihre Zielgruppen anspricht.
Sprechen Sie den Geschmackssinn an – auch wenn Sie in nicht der Lebensmittelbranche sind
Probieren Sie folgende alltägliche, aber effektive Übung: Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Küchentisch und vor Ihnen liegen eine kleine, knallgelbe Zitrone sowie ein Messer. Nun stellen Sie sich vor, wie Sie die Zitrone in vier Stücke schneiden und wie dabei der Saft auf den Tisch tropft. Und nun stellen Sie sich vor, wie Sie in eines der aufgeschnittenen Stücke beißen.
Höchstwahrscheinlich haben Sie einen lebhaften Eindruck vom Geschmack einer Zitrone, von der Textur und ihrem säuerlichen Aroma – obwohl Sie eigentlich gar nichts im Mund hatten. Dieses Experiment verdeutlicht, wie stark ein Geschmackseindruck sein kann.
Für Marken kann es knifflig sein, diesen Sinneseindruck bewusst zu nutzen. Doch auch wenn sie nicht in der Lebensmittelbranche tätig sind, ist der Geschmackssinn ein wirksames Instrument, das sie für ihre Marketingaktivitäten nutzen können. Das Beispiel der Zitrone zeigt, dass der Geschmackssinn mehr umfasst als nur die tatsächliche Verkostung eines Produkts.
Animieren Sie Ihre Zielgruppe mit Düften
“Nichts erweckt die Vergangenheit so sehr zum Leben wie ein Duft, der einst damit verbunden war.” – Vladimir Nabokov
Besitzt eine Marke einen bestimmten Geruch? Sofern sie sich an die Methoden des sensorischen Brandings hält, könnte das der Fall sein. Tatsächlich kann ihr Duft sogar unverwechselbar sein und bei ihren Kunden positive Emotionen hervorrufen.
Hier wird es allerdings knifflig. Denn viele Gerüche ähneln sich und lösen die gleichen Gefühle aus. Würden zum Beispiel zwei Kaffeemarken hoffen, dass ein Kunde beim Geruch von Kaffee an ihre Marke denkt, wäre die Enttäuschung vermutlich für beide vorprogrammiert.
Entsprechend erfordert die gezielte Stimulation des Geruchsempfindens einer Zielgruppe einen erheblichen kreativen Aufwand. So sorgt z. B. Starbucks dafür, dass Ambiente und Aroma jeder ihrer Filialen mehr als einfach nur ‘Kaffee’ vermitteln.
Zahlreiche Marken haben damit experimentiert, ihre Standorte mit Gerüchen aufzuwerten – ein Trend, der zunehmend im Kommen zu sein scheint. Daher sollten Sie Möglichkeiten finden, um sich von Ihren Mitbewerbern abzuheben.
Stupsen Sie Kunden mit Fingerspitzengefühl in die richtige Richtung
“Noch vor dem Sehen, vor dem Sprechen kommt das Fühlen. Es ist die erste Sprache und die letzte, und sagt immer die Wahrheit.” – Margaret Atwood
Auch dieser Bereich ist knifflig, da Marken bei ihren Bemühungen um sensorisches Branding oft durcheinander kommen und es nicht viele Möglichkeiten gibt, bei Kampagnen auf Berührungen einzugehen. Allerdings gibt es hier ein paar einfache Punkte, auf die man achten sollte.
Berücksichtigen Sie zunächst die Art und Weise, wie sich Ihre Produkte ggf. beim Anfassen anfühlen. Selbst wenn es nur die Verpackung eines Produkts ist, sollten Sie im Kopf des Kunden eine Assoziation hervorrufen, z. B. weich, sanft, professionell, sauber, usw.
Bei Marken in der Lebensmittelbranche kann sich die Haptik auch auf die Textur beziehen, was bei Speisen und Getränken sehr wichtig ist. Das überschneidet sich zwar ein wenig mit dem Geschmackssinn, doch kann eine unpassende Textur beispielsweise bei einem Getränk ein Produkt komplett verderben.
Bleiben Sie Ihrer Marke beim gesamten sensorischen Branding treu
Ihre Marke spricht eine bestimmte demografische Gruppe an und hat eine spezifische Zielgruppe. Deswegen muss Ihr sensorisches Branding auf diese Zielgruppe ausgerichtet sein und deren Alter, Standort und Interessen berücksichtigen.
Bedenken Sie auch, dass Ihre Marke ein Markenimage aufgebaut hat, das bei jeder Marketingkampagne gepflegt werden muss. Beim sensorischen Branding ist das nicht anders. Wann immer Sie versuchen, die Sinnesorgane anzusprechen, muss dies im Einklang mit den Werten und Vorgaben Ihrer Marke geschehen.
Wendet sich Ihre Marke beispielsweise an einen sehr ernsthaften Kundenstamm und tritt professionell auf, dann wäre ein ausgeflippter Werbespot die völlig falsche Art des Sensory Branding. Bleiben Sie Ihrer Marke treu.
Nun besitzen Sie das nötige Handwerkszeug, um Ihr eigenes sensorisches Branding zu entwickeln. Blicken wir nun auf einige Markenbeispiele, die die Sinne der Kunden mit Erfolg ansprechen.
Aussagekräftige Beispiele für sensorisches Branding
Um zu erkennen, was erfolgreich ist und was scheitert, ist es immer sinnvoll, sich an konkreten Beispielen zu orientieren. Mit Hilfe dieser Anregungen können Sie Ihr eigenes Vorgehen evaluieren.
Coca-Cola
Coca-Cola hat eine Vielzahl von Werbespots produziert, die auf unterschiedliche Weise an bestimmte Gefühle der Kunden appellieren sollen. Das Unternehmen hat sicherlich daran gearbeitet, sein sensorisches Branding im Laufe der Jahre zu verbessern, und ich glaube, dass sie es im Hinblick auf den Klang perfektioniert haben.
Die in ihrer Werbung verwendeten Farben werden von schlichten Geräuschen übertroffen, die in vielen ihrer Spots zu hören sind. Beispielsweise das Geräusch aufsteigender, sprudelnder Kohlensäure oder das sanfte Ausatmen eines Menschen, nachdem er eine Cola getrunken hat.
Der auffälligste Sinneseindruck ist jedoch das Öffnen der Cola-Flasche. Ist Ihnen aufgefallen, dass Coca-Cola in den Spots nie zeigt, wie ihre Dosen geöffnet werden? Das liegt daran, dass dies einfach nicht so ansprechend ist. Dies beweist ein hohes Maß an Hingabe für sensorisches Branding.
Apple
Apple zielt mit seinem sensorischen Branding auf eine ganze Reihe von Dingen ab, aber ich halte den visuellen Aspekt für den herausragendsten. Die Kunden bemerken nicht nur die Zusammengehörigkeit ihrer Produkte, sondern erhalten auch das Gefühl einer futuristischen, ‘sauberen’ Marke.
Zum Beispiel sind ihre Filialen transparent gestaltet, so dass man von außen hineinschauen kann und umgekehrt. Sie nutzen offene Flächen, wobei keine Regale die Personen trennen. Die Wände sind einheitlich weiß, ohne ablenkende Bilder oder Poster. Auf diese Weise wird das Sehvermögen effektiv und auf positive Weise überfordert. Andere Marken versuchten schon, Apples Ansatz des Sensory Branding auf diese Art und Weise zu imitieren.
McDonald’s
McDonalds hat sich schon mehrfach an sensorischem Branding versucht, wobei die Strategien darauf ausgerichtet waren, die Kunden emotional anzusprechen und sie daran zu erinnern, wofür die Marke steht. Hierbei sei der Jingle ‘Ich liebe es’ als Beispiel für den effektiven Einsatz von Audio zur Kontaktaufnahme mit Kunden genannt.
Am erfolgreichsten jedoch haben sie den Geruchsinn bei ihrem Branding angesprochen. Man könnte jetzt glauben, dass ich damit den typischen Essensgeruch der McDonald’s-Filialen meine, doch ist das kein Effekt des unmittelbaren sensorischen Brandings. Ich beziehe mich auf die Duftkerzen-Kampagne von McDonald’s: Es wurden Kerzen verkauft, die beim Anzünden typische Gerüche von McDonald’s verströmten.
Will man mit sensorischem Branding herausstechen, sind es genau solche Ideen, die man im Hinterkopf behalten sollte.
Lassen Sie Ihrer eigenen sensorischen Transformation freien Lauf
Das sensorische Branding weckt in den Kunden die bestmögliche Stimmung, was wiederum den Umsatz fördert – allerdings nur, wenn der Vorgang richtig angegangen wird. Unser Ziel ist ein unvergessliches Erlebnis, wann immer unsere Zielgruppe mit unserer Marke interagiert. Das sensorische Branding macht es uns möglich.
Gehen Sie in kreativer Hinsicht ruhig ein paar Risiken ein und engagieren Sie sich dafür, die emotionale Wirksamkeit Ihrer Marke zu steigern. Wahrscheinlich ist der angestrebte Erfolg nur einen Sinneseindruck weit entfernt. Viel Erfolg!
Für weitere Informationen rund um das Thema Branding, lesen Sie meinen vollständigen Leitfaden zur Markenbildung.