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Warum die Lieferketten-Krise eine echte Herausforderung für den Kundenservice von Marken ist

von Erica Gunn  |  30. August 2022

Lesezeit 5 Min.
Man wearing cape delivers package to woman with illustration of the supply chain in the background.

Hinter jeder Schlagzeile über die Lieferketten-Krise stehen enttäuschte Kunden. Wahrscheinlich lauschen diese Kunden gerade der Warteschleifenmusik oder tippen ihre Anfrage in einen freundlich lächelnden Chatbot, in der Hoffnung, zu erfahren, wann ihre Bestellung endlich geliefert wird. Schließlich haben sie auf „Jetzt kaufen“ geklickt und meinten es auch so. So viel über die Erwartungshaltung im digitalen Zeitalter. Oft reichen die Namen, die wir den Dingen geben, wie etwa „Lieferketten-Krise“, nicht aus, um die gesamte Auswirkung von disruptiven Ereignissen auf ein Unternehmen angemessen zu beschreiben.

Die Unterbrechung nahm in diesem Fall mit der weltweiten Ausbreitung von Covid-19 Ende 2019 ihren Anfang und wird voraussichtlich bis 2022 anhalten. Laut der Financial Times (Paywall) dauerte es vor der Pandemie nur 17 Tage, bis ein in China hergestelltes Paar Schuhe Los Angeles von Shanghai aus erreichte. Heute dauert das bis zu 52 Tage. Überträgt man dieses Muster auf andere Bereiche – von Möbeln über Halbleiter bis hin zu Lebensmittelverpackungen einschließlich der Zutaten –, so erhält man ein Bild von unvorhersehbaren Verzögerungen in Häfen und Lagerhäusern und von Engpässen bei den Lagerbeständen in nahezu allen Bereichen. Wenig verwunderlich also, dass die Vereinigten Staaten Ende letzten Jahres, pünktlich zum Black Friday und damit zur Haupteinkaufszeit vor den Feiertagen, die „längste andauernde Negativentwicklung der Kundenzufriedenheit seit 25 Jahren“ erlebten.

Es gibt aber auch Ausnahmen

Bevor wir die anhaltende Missstimmung der Kunden ergründen, sei gesagt, dass sie keineswegs auf jede Marke zutrifft. Sie werden zum Beispiel feststellen, dass die Kundenzufriedenheit bezüglich Abo-TV-Streaming-Diensten wie Netflix, Disney+ und Apple TV seit dem Beginn der Pandemie im Jahr 2020 bis 2021 gestiegen ist. Laut einer Umfrage von PwC waren 83% der Streaming-Abonnenten im Jahr 2021 mit ihren Optionen zufrieden, gegenüber 73% im Jahr 2020. Dabei erwarten 59%, dass sie 2022 mehr für ihr Abonnement bezahlen werden. Binge-Watching der neuesten Streaming-Serien gehört mittlerweile zum Lebensstil und zum Haushaltsbudget. Aber wenn es um die reale Welt der physischen Güter geht, sieht die Sache anders aus.

Nehmen Sie zum Beispiel Apple. Apple TV ist zwar nur ein kleiner, aber wachsender Teil der phänomenalen 3-Billionen-Dollar-Geschichte des Unternehmens, aber selbst das größte Unternehmen der Welt ist anfällig für Lieferengpässe bei High-End-Chips, die seine Geräte antreiben (Paywall). Wir leben in einer „Mangelwirtschaft“, das bestätigt der American Customer Satisfaction Index, der seit 1994 die Kundenzufriedenheit misst. Die Preise steigen, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt. Aber wie die TV-Streaming-Dienste zeigen, sind steigende Preise nicht unbedingt ein Problem, wenn die Kunden zufrieden sind. Es gibt noch andere Faktoren, die eine Rolle spielen – und das ist der Punkt, warum einige Marken in der Lieferketten-Krise Gewinner sind und andere Verlierer.

Illustration of customer service rep and customer connecting via chat.

Persönlicher Kontakt ist das A und O

Ob Sie nun CEO oder Leiter der Marketingabteilung sind, Sie sind auch ein Verbraucher. Was machen Sie, wenn Sie etwas gekauft haben und es wider Erwarten Probleme gibt oder das Produkt nicht Ihren Erwartungen entspricht? Was sagt Ihnen Ihr Instinkt? Sie greifen zum Telefon oder wenden sich per E-Mail oder über die sozialen Kanäle an den Kundenservice des Unternehmens, richtig? Genau das wollen wir doch alle: eine Antwort – und zwar schnell.

Laut Verint, einem Unternehmen für Kundendialog und Kundenautomatisierung, legt ein Drittel der Kunden auf und ruft nicht noch einmal an, da die Kunden zu lange in der Warteschleife verbracht haben. Damit endet ihre Beziehung mit der Marke. Und das ist nur die Schnelligkeit. Wenn es um Qualität geht, geben wir uns nicht mit irgendwelchen Standardantworten zufrieden. Wir mögen es persönlich. In gewisser Weise gibt es hier eine Parallele zu dem, was die Menschen an TV-Streaming-Diensten am meisten schätzen. Hier geht es nicht nur um die große Auswahl an Inhalten, sondern vielmehr um das auf jeden einzelnen Nutzer zugeschnittene Angebot, was heutzutage jede Plattform bietet. Man muss nicht lange suchen, um etwas zu finden, das einem gefällt; es wird einem quasi auf einem Silbertablett serviert. Wenn etwas schief geht, wollen wir alle so ziemlich das Gleiche. Das ergab eine Studie, die Forrester Reporting im vergangenen Jahr für das Softwareunternehmen Khoros durchgeführt hat:

  • 83% der Kunden geben an, dass sie sich Marken gegenüber loyaler fühlen, die auf ihre Beschwerden reagieren und ihnen eine Lösung anbieten.
  • Neben dem Preis ist für 83% der Kunden ein guter Kundenservice das wichtigste Kriterium für ihre Kaufentscheidung.
  • 65% der Kunden geben an, dass sie aufgrund eines schlechten Kundenservice zu einer anderen Marke gewechselt haben.

Was können Marken daraus lernen? Optimieren Sie Ihre Call-Center und die Kundenbetreuung. Um es mit den Worten von Tony Hsieh, dem Gründer von Zappo’s, zu sagen: Es ist wichtig, dass man klar zwischen einem Call-center-Skript und einem Kundenservice mit völlig offenem Ergebnis unterscheidet – „Besessen. Wahnsinnig. Radikal.” Können Chatbots im heutigen Zeitalter der Automatisierung – und vor dem Hintergrund der großen Kündigungswelle und des Arbeitskräftemangels – eine erste Stufe des einfühlsamen Kundendienstes bieten, die komplexe Anliegen an den zuständigen Mitarbeiter weiterleitet, ohne dass Details wiederholt werden müssen? Unabhängig davon, ob die Anfrage von einem Bot oder einem Menschen bearbeitet wird, gibt es eine Sache, die Sie unbedingt vermeiden wollen.

Ihre Antwort sollte nicht die Lieferkette sein.

Um es kurz zu machen: Das Wichtigste bei einem Problem mit dem Kundenservice ist die Lösung. Es ist zwar wichtig, die Gründe für das Problem zu kennen, aber der Kunde möchte auch wissen, wie die Marke das Problem beheben wird. Im Fall der Lieferketten-Krise läuft das auf eine entscheidende Frage hinaus: „Wann erhalte ich das, was ich bestellt habe?“ Wer hierauf keine Antwort geben kann, hat vielleicht zum Zeitpunkt des Verkaufs die falschen Erwartungen geweckt.

Ursprünglich veröffentlicht auf Forbes.